Modellprojekt Graefekiez
In Kooperation mit
Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin & Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB)
Im Auftrag von
paper planes e.V.
Unsere Leistungen
Leitung der Bürgerbeteiligung, Projektsprecher für paper planes e.V.
Die Herausforderung
Die Notwendigkeit der Anpassung der Städte an den Klimawandel ist groß. Es müssen Straßenflächen entsiegeln werden, um Überschwemmungen zu reduzieren, das Stadtklima und die Luftqualität zu verbessern sowie die Biodiversität zu erhöhen. Die Beispiele, bei denen Klimaanpassungen tatsächlich auch vorgenommen werden sind hingegen sehr überschaubar. Insbesondere dann, wenn sich durch die Umsetzung der Maßnahmen Routinen der Anwohnenden verändert müssten, schrecken politische Entscheidungsträger häufig zurück. In Friedrichshain-Kreuzberg haben die Bezirksverordneten im Sommer 2022 nicht davor zurückgeschreckt und den Beschluss gefasst, 2.000 Parkplätze im Graefekiez zu entfernen, um Straßenfläche zu Entsiegeln und alternative Mobilitätsangeboten mehr Platz zu geben.
So etwas hat es noch nicht gegeben, weder in Berlin noch anderswo in Deutschland. Die Aufregung war entsprechend groß! Umso größer, da zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar war, wie diese Herausnahme an Parkplätzen überhaupt zu bewerkstelligen und juristisch zu begründen ist. Das Feld war eröffnet für Spekulationen jeder Art, was bei den Anwohnenden zu großer Unsicherheit und teilweise auch Wut führte.
Pressekonferenz zum Projektstart: Stadträtin Annika Gerold, Prof. Dr. Andreas Knie für das WZB, Simon Wöhr für paper planes e.V. (v.l.n.r.)
Großes Medieninteresse: Simon Wöhr für paper planes e.V. im Interview mit den Tagesthemen der ARD
Die Taktik
Im März 2023 traten wir mit paper planes e.V. in eine Kooperation mit dem Bezirk, der für die Umsetzung der baulichen Maßnahmen zuständig ist, sowie dem Wissenschaftszentrum für Sozialforschung, verantwortlich für die Begleitforschung, und übernahmen die Beteiligung der Menschen im Graefekiez.
Als Projektleiter seitens paper planes e.V. konzipierte urban tactics Gründer Simon Wöhr die Beteiligungsformate: Auf die große Unsicherheit im Kiez antworteten wir mit viel Präsenz vor Ort. Mit Veranstaltungen wie dem „Markt der Möglichkeiten“ und wöchentlichen Sprechstunden von Frühjahr bis Herbst beruhigten wir die Gemüter. Und ein Diskurs um die eigentliche Sache begann. Hierfür erfanden wir die „Karte des lokalen Wissens“. Gleichzeitig gelang es bei speziellen „Aktiventreffen“, Menschen für die Bepflanzung von entsiegelten Beeten zu interessieren sowie miteinander zu vernetzen. Wir führten zudem Workshops mit Expert*innen und Betroffenen durch und erarbeiteten Lösungsvorschläge für neue Herausforderungen, wie das die Befürchtung von stärkerer Vermüllung des öffentlichen Raums, nächtliche Ruhestörung sowie die Versorgung der Grünflächen mit Regenwasser.
Das Ergebnis
Als Akteur an der Schnittstelle zwischen Verwaltung und Anwohner*innen ist es uns gelungen, Verlässlichkeit in das Projekt Graefekiez zu bringen und den Menschen Vertrauen in den Prozess zu geben. Unsere Moderation der verschiedenen Interessen hat dazu beigetragen, dass die Überführung des Verkehrsversuchs in eine Verstetigung und schrittweise Ausweitung gelang und erstmals in Deutschland mit rund 400 Parkplätze eine große Anzahl öffentlicher Parkplätze für die Bedürfnisse der Menschen umgenutzt wurden: etwa 80 davon gestaltet von den Menschen im Quartier für eine nachhaltige und lebenswerte urbane Nachbarschaft.
Die Arbeit von paper planes e.V. war über eine Förderung der Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) sowie der Stiftung Mercator finanziert.
Mehr Informationen unter
paper-planes.net/#projekt-graefekiez
Fotos Ergebnis: Phillipp Böhme